Pünktlich um 23:00 Uhr steht mein Fahrer John vor dem Tor. Leider ist dieses abgeschlossen und wir müssen den Platzwart wecken, damit er aufschließt. Nachdem wir die Kardanwelle eingepackt haben verabschiede ich mich von Susanne und wir fahren los. Es steht uns eine 8 stündige Fahrt nach Bogota bevor. Es sind zwar nur knapp über 300 Kilometer, doch die Carretera 50 ist extrem kurvenreich und sehr stark von LKW´s befahren. Wir fahren meistens nicht mehr als 35km/h. Es ist früher Morgen als wir in Bogota ankommen und wir stehen im Stau in die Stadt. Für die letzten 20 Kilometer brauchen wir 1,5 Stunden. Als wir bei der Firma MaquiCadan ankommen, haben wir den Eindruck die Firma ist geschlossen. Alle Tore sind zu und es gibt keinen anderen Eingang. Doch als wir vor dem Tor zum Stehen kommen öffnet sich dieses und ermöglicht uns einen Blick in die große Werkstatt. Hier ist alles noch im Ruhemodus und der Chef startet erst mal den großen Flachbildschirm mit seiner Wunschmusik. Meine Hoffnungen schwinden, dass wir hier eine erfolgreiche Reparatur ausführen können. Doch plötzlich belebt sich die Werkstatt und Alessandro ist der Monteur, der meine Kardanwelle richtet. Mit dem Chef zusammen beginnt eine lebhafte Diskussion, ob die Welle gekürzt werden muss. Der Chef meint Nein, doch ich kann Ihn überzeugen, dass es ja nicht schaden kann die Welle um 2 Zentimeter zu kürzen. Nachdem alle Arbeitsschritte geklärt sind macht sich Alessandro an die Arbeit. Ihm beim Arbeiten zuzusehen ist eine wahre Freude. Mit großer Sorgfalt und Präzision presst er die alten Kreuzgelenke aus und reinigt alles akribisch. Aus dem großen Lager hier sind bereits drei neue Kreuzgelenke auf die Werkbank gewandert und beim Öffnen der Pakete ist die Verwunderung groß. Auf der Kardanwelle ist der Name Spicer eingeprägt. Das ist auch der Hersteller der neuen Kreuzgelenke. Wir gewünscht sind diese nun mit Schmiernippel versehen. Da Alessandro das noch intakte alte Kreuzgelenk ohne es zu beschädigen ausgepresst hat, kann ich dieses ohne Bedenken wieder verwenden. Daher wandert es mit einem neuen Kreuzgelenk in meinen Rucksack. Auf den neuen Kreuzgelenken steht Germany, das sollte ein gutes Zeichen sein. Sehr schnell sind die neuen Kreuzgelenke eingepresst und die Welle wird auf die Drehbank eingespannt. Dorf wird der Rundlauf überprüft und Alessandro richtet die Welle mit Wärmebehandlung exakt aus. Unter 0,03mm muss die Welle exakt gerade sein. Das dauert einige Anwendungen, bis Alessandro zufrieden ist. Anschließend dreht es die ab. Hierzu benutz er ein V-förmigen Schneideisen und dreht so im Abstand von zwei cm zwei V-förmige Kerben in die Welle. Anschließend, ganz klassisch mit einer Eisensäge wird anschließend die Welle aufgeschnitten. Das Teilstück wird entfernt und der Wellenstumpf abermals aufgespannt. Nun dreht Alessandro den wellenstumpf soweit ab, dass dieser exakt in das Wellenrohr passt. Mit etwas Hilfe des Hammers klappt das dann auch gut und die Nahtstelle bildet wieder ein exaktes V aus den beiden Hälften. Mit einigen Schweißpunkten wird das nun fixiert und die Welle wird anschließend auf den Schweißautomaten aufgespannt. Dort wird nur die Welle exakt ausgerichtet Auch das wir mit hoher Präzision gemacht. Nachdem Alessandro zufrieden ist startet er den Schweißapparat und diese zieht eine perfekte Schweißnaht. Nach dem Schweißen wird nachgemessen und als alles in der Toleranzgrenze liegt geht es weiter mit dem auswuchten der Welle. Auch hierzu gibt es eine spezielle Maschine und das ist dem Chef sein Lieblingsspielzeug. Über einen Computerbildschirm wird die Unwucht exakt angezeigt. Mehrmals werden Gewichte aufgeklebt und gemessen. Erst als alles deutlich im grünen Bereich ist, entlässt der Chef die Welle und die Ausgleichsgewichte werden verschweißt. Nun werden auch mit einer kleinen Graviermaschine die Markierungen am Schiebestück und der Welle angebracht, damit man weiß in welcher Position das Schiebestück auf die Welle kommt. Damit auch das Schiebestück zukünftig abgeschmiert werden kann, wird nun auch hier ein Schmiernippel eingebaut. Anschließend geht die Welle zum Entrosten und alle alte Farbe wird abgeschliffen. Danach wird die Welle gereinigt und mit einer Rostschutzfarbe grundiert. Nachdem diese abgetrocknet ist bekommt die Welle wieder Ihren schwarzen Lack. Auch dieser ist nach 15 Minuten trocken und es werden die Aufkleber auf die Welle geklebt. Da hier alles nach DIN ISO 9000 läuft, ist auch die Dokumentation über die ausgeführten Arbeiten lückenlos. Ich muss sogar unterschreiben, dass ich aufgeklärt wurde, dass die Welle nun zwei Zentimeter kürzer ist und nur mit fluchtenden Pfeilen zusammengesteckt werden darf. Nach einem herzlichen Abschied mit Abschiedsbild machen wir uns auf den Weg zurück. Mühsam quälen wir uns durch den Verkehr und auch als wir auf der Carretera 50 weiterfahren wird es nicht besser. So ist es bereits nach Mitternacht bis wir wieder im Lagos De Venecia ankommen Hier verabschiede ich mich von John meinem Fahrer und nach einer Knuddelrunde mit Zora gehe ich schlafen. Susanne hat heute Brot gebacken, Wäsche gewaschen und das MANle aufgeräumt. Auch Sie ist müde und geht gleich nach meiner Ankunft schlafen.